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Rezension:Freiheit von Gewalt und Lüge. Gedanken über Aufklärung, Fortschritt, Kunst, Liebe, Müßiggang und Politik (Taschenbuch)

Der russische Schriftsteller Anton Parlowitsch Chechov ( 1860-1904) lebte seit 1898, an Tuberkulose erkrankt, in Süd-Russland und in westeuropäischen Kurorten. In seinen Werken setzte er sich durch die Analyse menschlichen Verhaltens und sozialer Missstände die Tradition des kritischen Realismus fort, andererseits war er durch die subtile Darstellung und Deutung seelischer Zustände und nuancierter Stimmungen dem europäischen Impressionismus und Symbolismus verbunden.Er schilderte besonders die Welt des damals neu entstehenden russischen Kleinbürgertums, der Intelligenz und des sich auflösenden Gutsadels.

" Freiheit von Gewalt und Lüge " enthält Gedanken Chechovs zur Armut, Aufklärung, kurze Betrachtungen im Hinblick auf namhafte Schriftsteller, Sentenzen über das Leben, Gedanken über die Liebe, die Lüge , über Sündenböcke , die Zensur und anderes mehr.

Um mehr vom Wesen Chechovs zu erfahren, habe ich zunächst seine kurzen Betrachtungen bezüglich seiner Schriftstellerkollegen gelesen. Aus allen seinen Zeilen spricht Fairness, niemals üble Nachrede, niemals Neid und Missgunst. Chechov war demnach ein Mensch, der anderen mit Respekt begegnete. Das nimmt mich für ihn als Person ein.

Bei einigen Autoren, wie bei etwa bei Gogol, ist er des Lobes voll. Über Nietzsche sagt er, er würde ihn gern einmal irgendwo im Zugabteil oder auf dem Dampfer begegnen und eine ganze Nacht mit ihm reden. Er hielt seine Philosophie für kurzlebig, allerdings für weniger überzeugend als bravourös. Seine feine Kritik ist nicht nur bei Nietzsches Werken in Watte verpackt. Chechov war kein Mann der mit dem Hammer draufschlug. Es drängte ihn nicht nach dem Gesichtsverlust seines Gegenübers. Das hatte er nicht nötig. Chechov besaß Persönlichkeit und Größe.

Am Tag als Zola starb schreibt er "Heute bin ich traurig. Zola ist gestorben. Das kam so unerwartet und irgendwie ungelegen. Als Schriftsteller habe ich ihn wenig gemocht, aber dafür als Menschen in den letzten Jahren, als die Affäre Dreyfus Wellen schlug, habe ich ihn hochgeschätzt."

Gefallen haben mir seine Miniaturgeschichten, in denen er das aberwitzige Verhalten einzelner Menschen mit knappen Worten auf den Punkt bringt und die ihn als begnadeten Schriftsteller ausweisen.

" Briefwechsel. Ein junger Mann träumt davon, sich der Literatur zu widmen, schreibt ständig darüber seinem Vater, quittiert schließlich den Dienst, fährt nach Petersburg und widmet sich der Literatur - er wird Zensor."

Wie müssen Menschen gestrickt sein, die anderen den Maulkorb verpassen wollen?

"Ein junger Mann hatte eine Million beisammen, legte sich darauf und erschoss sich."

Wer glaubt, dass dieser junge Mann, den Wert des Geldes nicht schätzte, irrt sich meines Erachtens. Eine solche Tat begeht nur, wer dem Geld zu viel Wert beimisst.

Unmöglich zu allen Gedanken im Rahmen der Rezension Stellung zu nehmen. Von den im Buch angeführten Sentenzen hat mich nachstehende am meisten berührt: "Die Blattlaus frisst Pflanzen, der Rost Metalle und die Lüge die Seele auf. " Gut beobachtet.



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