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Rezension: Hermann Hesse »Lektüre für Minuten: Gedanken aus seinen Büchern und Schriften«

Dieses Buch umfasst Sentenzen der Nobelpreisträgers Hermann Hesse zu folgenden Themen: Politsches, Gesellschaft und Individuum, Aufgaben des Einzelnen, Bildung, Schule, Erziehung, Religion und Bewusstsein, Lesen und Bücher, Wirklichkeit und Imagination, Kunst und Künstler , Glück, Liebe, Tod sowie Jugend und Alter.

Wenn ich ein Buch eines Schriftstellers mit Aphorismen aufschlage, schaue ich zunächst immer, was er zur Liebe sagt. Betrachtungen über die Liebe sagen stets viel über den Verfasser aus, weil nichts einen Menschen so sehr bewegt wie die Liebe. Am meisten werden diejenigen davon bewegt, die sie selten geschenkt bekommen.

Bei Hesse fand ich sofort eine sehr intelligente Sentenz, in der er darauf hinweist, dass die Widerstände gegen das Anerkennen der körperlichen Liebe es sind, die die meisten Neurosen verursachen, aus den nicht selten auch allgemeine, edel aussehende, jedoch übel wirkende Verlogenheit im übrigen Leben ensteht, z. B. in den patriotischen und politischen Dingen. Stimmt. Hitler ist das beste Beispiel dafür.


An anderer Stelle sagt er, dass wir die Liebe möglichst frei halten müssen, um sie jede Stunde verschenken zu können und lässt dabei nicht unerwähnt, dass wir die Objekte, an die wir sie verschenken, immer überschätzen und daraus viel Leid fließe. Ich vermute Leid fließt nur dann, wenn man zu große Erwartungshaltungen hat. Vor diesen sollte man sich hüten. Wenn man liebt, sollte man keine Gegenliebe erwarten, sich aber freuen, wenn sie sich einstellt und sie als ein wundervolles Geschenk annehmen. Mit Geschenken sollte man sorgfältig umgehen, besonders mit der Liebe. Sie ist zerbrechlicher wie Glas und zwar immer.


Hesses Sentenzen zu Wissen und Bewusstsein beeindrucken mich am meisten. Für alle, die die "Basta-Haltung" wie eine Monstranz vor sich hertragen, möchte ich folgenden Gedanken zu Bedenken geben: "Alles Wissen und alle Vermehrung unseres Wissens endet nicht mit einem Schlusspunkt. Ein Plus an Wissen bedeutet ein Plus an Fragestellungen, und jede von ihnen wird immer wieder von neuen Fragestellungen abgelöst."


Hesse weiß, dass wir unseren Verstand gebrauchen müssen und sollen, gleichwohl sollen wir nicht allein auf ihn hören. Während die einfachen, gesunden Menschen, das "Volk" mit dem Leben und seinen Abgründen dadurch fertig wird, dass sie sich in den Aufgaben und Freuden des Tags und der Stunde ausleben, vermögen die Geistigen, -die mit dem Zwang zum Denken - in diese Unschuld nicht heimkehren. Hesse konstatiert, dass sie ein Gegengewicht gegen die Intelligenz und ihre Eitelkeit benötigen und sieht dieses Mittel in der Befreundung mit der Natur.


Hesse hat beobachtet, dass die meisten "Gebildeten", sofern sie nicht selbst Künstler sind, die Kunst genießen, die sie in der Malerei, Musik und Dichtung finden, weil so so Verbindung mit den Urkräften erhalten. Wem dies nicht genüge, bedürfe der Betrachtung und Versenkung. Der Weg hierzu sei Yoga. Gut beobachtet. Schade, dass diese Methode immer mehr in Vergessenheit gerät. Sie würde manch einen Menschen zufriedener machen.


Hesse sagt nicht umsonst: "Wir haben erfahren, dass der Mensch seinen Intellekt bis zu erstaunlichen Leistungen kultivieren kann, ohne dadurch der eigenen Seele Herr zu werden."